Das obere Lystal: von Issime bis Gressoney-La-Trinité. Im Land der Walser
Lokalität: Gaby, Gressoney-La-Trinité, Gressoney-Saint-Jean, Issime
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Wie: Mit dem Auto.
Empfohlene Dauer: ein Tag.
Beste Jahreszeit: das ganze Jahr über.
Länge: ca. 28 km.
Eine Besichtigungsroute, um das Land der aus dem Schweizer Kanton Wallis stammenden Walser zu entdecken.
Im Laufe des 13. Jahrhunderts besiedelten die Walser dieses Gebiet: Ab Beginn des 13. Jahrhunderts verließen sie Zermatt, überquerten den Theodulpass (3.317 m) im Westen sowie den Monte-Moro-Pass (2.984 m) im Osten und ließen sich beinahe im gesamten Lystal (Gressoney, Issime, Gaby und Niel) sowie im oberen Ayastal (Canton des Allemands) nieder.
Die Gründe für diese Migrationsbewegung sind vor allem wirtschaftlicher und demografischer Art. Neben den wirtschaftlichen Engpässen und der übermäßigen Bevölkerungsdichte im Ursprungsgebiet ist vor allem aber auch der Wunsch der Feudalherren des Kantons Wallis zu nennen, die hierin eine Möglichkeit sahen, ihre Besitztümer jenseits der Alpen nutzbar zu machen und ihren Wert zu steigern.
Wichtiges Unterscheidungsmerkmal der Walserkultur ist die Sprache: Der im Gebiet von Issime gesprochene Dialekt töitschu und das für Gressoney typische titsch sind der deutschen Sprache in Wortschatz und Struktur sehr ähnlich. Die beständigen Handelsbeziehungen und der kontinuierliche kulturelle Austausch mit den Ursprungsgebieten haben gewiss zur Verbreitung und Festigung dieses Dialekts beigetragen.
Im Jahr 1970 wurde das Gemeinschaftswappen der Walser (ein rot-weißes Herz mit 10 Sternen) eingeführt, das die gesamte Geschichte der Volksgruppe der Walser symbolisch wiedergibt. Ein ganz besonderes Tal also, wo sich eine starke kulturelle Identität in eine authentische und faszinierende Landschaft einfügt.
Wenn man das Tal hochfährt, trifft man nach Fontainemore zuerst auf die Ortschaft Issime ( Eischeme ), wo man der Pfarrkirche San Giacomo, einem geschichtlich und kunsthistorisch unglaublich interessanten Gebäude, unbedingt einen Besuch abstatten sollte. Belegende Quellen bezeugen, dass die Kirche bereits seit dem 12. Jahrhundert besteht, Ende des 17. Jahrhunderts wurde sie jedoch vollständig rekonstruiert. Ein wunderschönes Fresko über die gesamte Fassade zeigt das Jüngste Gericht. Bemerkenswert sind auch das Ordenskreuz des Heiligen Mauritius und das mit Schnitzereien verzierte Holzportal; im Inneren der Kirche fällt der Blick auf den zu Beginn des 18. Jahrhunderts im Barockstil errichteten Hochaltar, der von 182 Statuen geziert wird. Bis ins 18. Jahrhundert wurde die Gemeinde von 3 Bürgermeistern regiert, die unter den wichtigsten und bekanntesten Familienoberhäuptern gewählt wurden: einer für die tiefer gelegene Ebene (den heutigen Hauptort und die Talsohle), einer für den Berg der Talen San Grato und Burinni und dann noch ein dritter für die höher gelegene Ebene, die heute zu Gaby gehört. Letztes wichtiges Ereignis in der Geschichte dieses Ortes ist die Abspaltung von Gaby im Jahr 1952.
Danach erreicht man den Ort Gaby, eine ganz besondere französisch-provenzalische Insel zwischen den Siedlungsgebieten der Walser von Issime und Gressoney. Die Gemeinde liegt in einer von Wiesen bedeckten Talmulde, umgeben von steil ansteigenden Gebirgshängen. Typisch für diesen Ort sind die „Rascard“, spezielle Holzkonstruktionen, die hier häufig anzufinden sind. Gleichzeitig trifft man oft auch auf andere, vollständig in Stein errichtete Häuser, wie zum Beispiel die wunderschönen Wehrhäuser.
Auf halbem Weg zwischen Issime und Gaby befindet sich die Wallfahrtskirche von Vourry. Sie ist der Heiligen Maria der Gnaden (Madonna delle Grazie) gewidmet und beeindruckt vor allem durch die Anordnung des Kreuzwegs oberhalb der Wallfahrtskirche, der in Anlehnung an den berühmten Leidensweg Calvario di Varallo Sesia gestaltet wurde.
Im Dorf hingegen muss das wunderschöne, mit Fresken gezierte Presbyterium der Pfarrkirche des Heiligen Michael genannt werden:. Sie wurde zu Beginn des 19. Jahrhunderts an dem Ort neu errichtet, an dem einst die alte Kapelle Saint-Michel de Chamboursière (heute Kiamourseyra) stand.
Von Gaby geht’s weiter nach Gressoney-Saint-Jean ( Onderteil ), dem größten und meist bevölkerten Ort des Tals, dessen Geschichte aufs Engste mit jener der Walser verbunden ist. Noch heute leben ihre Kultur, ihre Traditionen sowie ihre ursprüngliche Architektur und Sprache hier fort. Die Pfarrkirche, die Johannes dem Täufer gewidmet ist, wurde im Jahr 1515 errichtet und im Jahr 1753 ausgebaut. Im Zuge dieses Ausbaus wurde auch das imposante Steinkreuz errichtet, das den einst als Friedhof genutzten Vorplatz zur Kirche beherrscht. Der aus dem 17. Jahrhundert stammende Bogengang umfasst eine Reihe von Kapellen (d’Gheimnisse), deren Gemälde den Geheimnissen des Kreuzwegs gewidmet sind.
Erwähnenswert sind auch die Kapelle von Ecko aus dem Jahr 1657 und die Kapelle von Chaschtal, die im Jahr 1717 über den Trümmern eines befestigten Hauses der Grafen von Challant errichtet wurde.
Unbedingt sehen muss man auch das wunderschöne Schloss des Hauses Savoyen Castel Savoia. Mit seiner märchenhaften Silhouette hebt es sich inmitten eines Kiefernwaldes südlich der Ortschaft im Ortsteil Belvedere hervor. Das Schluss wurde zwischen 1899 und 1904 auf ausdrücklichen Wunsch der Königin Margarethe von Savoyen errichtet, die bis 1925 hier die Sommermonate verbrachte; das mittelalterlich anmutende Gebäude besteht aus einem zentralen Kern, von dem 5 spitz zulaufende Türme ausgehen, die sich alle voneinander unterscheiden, und erstreckt sich über drei Etagen: das Erdgeschoß mit den Aufenthaltsräumen, die Beletage mit den königlichen Wohnräumen und der zweite Stock, der den edlen Männern des Hofes vorbehalten war. Die raffinierte Innendekoration im Jugendstil gilt mit ihren allgegenwärtigen Blumen und Initialen als Hommage an die Königin, während sich die Kassettendecken, die Täfelungen und die Inneneinrichtung vom Mittelalter inspiriert zeigen. In unmittelbarer Nähe befindet sich das Nebengebäude, das als Romitaggio Carducci in die Geschichte einging und dem Gedenken jenes Dichters gewidmet ist, der sich hier als Gast und ergebener Meistersinger der Königin aufhielt. Zu Füßen des Schlossen liegt außerdem ein Garten. Der Steingarten umfasst eine Vielzahl an botanischen Pflanzenarten, die für die regionale Alpenflora typisch sind (Blütezeit ist von Juli bis September/Oktober). Das Schloss Castel Savoia ist das ganze Jahr über für Besucher geöffnet.
Ein anderes wichtiges Bauwerk ist die Villa Margherita. Sie wurde im Jahr 1883 im Auftrag von Baron Luigi Beck Peccoz errichtet und von 1889 bis 1904 von der Königin Margarethe von Savoyen bewohnt. Die Villa Margherita wurde 1968 von der Gemeinde Gressoney-Saint-Jean gekauft und zum Rathaus gemacht.
Gruppen, die sich für die Ursprünge und Traditionen der Volksgruppe der Walser interessieren, können sich an das Walser Kulturzentrum (Tel./Fax 0125 356248 – walserkultur@libero.it ) wenden.
Das Alpenfaunamuseum beherbergt eine umfangreiche und seltene Sammlung von Jagdtrophäen und antiken Waffen sowie Gemälden, Büchern und Veröffentlichungen zur Tierwelt der Alpen. Im Museum werden regelmäßig auch Ausstellungen von Künstlern oder Kunsthandwerkern aus dem Aostatal organisiert.
Die letzte Etappe der Besichtigungsroute führt schließlich nach Gressoney-La-Trinité ( Oberteil ), einem renommierten Ort in den Alpen, Ausgangspunkt für Gruppenbesteigungen des Monte Rosa und auch für die verschiedenen Wintersportarten bestens ausgestattet.
Im gesamten Tal finden sich unzählige malerische Häuser, die im Stil der Walser errichtet und sich nach germanischem Brauch über das gesamte Gebiet verteilt sind. In ihrer Struktur unterscheiden sie sich vom typischen „Rascard“, einer primitiven Holzbehausung, die im Aostatal weit verbreitet ist.
Seit ihrer Errichtung trägt die Kirche den Namen der Heiligen Dreifaltigkeit; als Pfarrkirche ist sie dem Heiligen Francisco de Xavier gewidmet, da die heilige Dreifaltigkeit als Patronatstitel nicht möglich ist. Sie wurde am 24. Juni 1702 vom Mons. Milliet d’Arvillars geweiht. Man betritt die Kirche über den alten Friedhof, der heute denkmalgeschützt ist und nicht mehr zu Beisetzungszwecken verwendet wird. Der Glockenturm mit quadratischem Grundriss, Einzelfenster und Zwiebelkuppel ist rund dreißig Meter hoch und verfügte im Jahr 1702 über 3 Glocken. Eine Glocke, mit Namen Ulrich, wurde nach mehrmaligen Versuchen vor Ort 1855 in Asti gegossen. Im Jahr 1933 kamen drei weitere Glocken hinzu. Das gesamte Glockenspiel, das mittlerweile baufällig war, wurde erneuert und ausgebaut; am 20. September 1992 wurde es von S.E. Mons. Lari, Bischof von Aosta, eröffnet und geweiht. Mit seinen zwölf Glocken gilt es heute als das größte Glockenspiel der Regionen Piemont und Aostatal. Auf dem kleinen Platz hingegen wird die älteste mit Sicherheit datierbare Glocke des alten Glockenspiels gezeigt: Sie wurde in La Trinité gegossen und am 9. September 1789 geweiht.
Unter den vielen Kapellen der Region ist vor allem jene der Ortschaft Stafal-Oagre zu nennen, die im Jahr 1776 von dem aus Gressoney stammenden Pfarrer von Issime, G. J. Curtaz, im Andenken an die Mutter Caterina Knobal errichtet wurde, die am 1. Februar 1701 an dem hier bestehenden Brunnen eine Vision gehabt haben soll. Die Kapelle, die Mariä Schnee gewidmet ist, hat sich für Gressoney zu einem Ort der Marienverehrung und einer Pilgerstätte (5. August) entwickelt.
Besonders ist auch die charakteristische Kapelle, die als „Durchgang“ aufgebaut ist und sich im Gebiet von Underwoald in der Nähe des Hauptorts befindet: Sie trägt den Beinamen „Kapelle der Toten“ (Tototschappolo) und dient bis heute ausschließlich dem Empfang der aus den Fraktionen kommenden Trauerzüge.
In Gressoney-La-Trinité bietet das Ökomuseum die Gelegenheit zum Besuch von 3 Strukturen, die auf eine Entdeckungsreise durch die Geschichte und Kultur der Walser entführen:
- Das Bauernhaus – Puròhus: Dieses alte Bauernhaus aus dem 18. Jahrhundert bietet die authentische Atmosphäre einer typischen Walser Wohnstätte mit ihrem “wohngade”, einer Art bewohnbarem Stall. Besichtigt werden können auch der wunderschöne Gewölbekeller und der Heuboden mit den verschiedenen Arbeitswerkzeugen.
- Das Museumshaus – Pòtzsch hus: In den Räumen dieses „stadel“, dem typischen Haus der Walser, werden regional orientierte Dauerausstellungen organisiert.
- Die Almhütte Binò Alpelté: Es handelt sich um eine kleine Almhütte (Alpelté) im Ortsteil Binò, die unter einem einzigen natürlichen Gesteinsblock errichtet wurde, der als Dach fungiert.